Samstag, März 01, 2008

Die Katakomben oder die ersten Christen unter der Erde - 02


Die Katakomben dienten drittens zum Zufluchtsort der Bischöfe, Priester und Gläubigen zur Zeit der Verfolgung, und zu gottesdienstlichen Versammlungen in den Zeiten der Trübsal. - Daher mußten die Fossores "Gräber" bei Anlegung von Gängen und Herstellung von neuen Ruhestätten darauf Rücksicht nehmen und so entstanden größere Grabkammern, Cubicula, eine Art Kapellen, die zwar auch zu Begräbnissen dienten, die man aber zur Abhaltung des Gottesdienstes, zu Katechesen, Taufen etc. benützte. Obschon von verschiedener Form und Größe sind sie jedoch meistens viereckig und gewölbt. Sie sind in Tuffstein gehauen un von schwärzlicher Farbe. Der Thüre oder dem Eingange gegenüber an der Hinterwand befindet sich ein Arcosolium, das Grab eines Martyrers: ein Sarg von Ziegeln aufgebaut, darüber eine Marmor- oder Steinplatte, in welchem seine Gebeine ruhen. - Ein solches Grab war dann der Altar. Neben dem Altar ist der Stuhl des Bischofs, wohl auch der des Lectors. Ein einfacher Stein oder eine Öffnung in der Wand bildet den Credenztisch bestimmt zur Aufnahme der von den Gläubigen gebrachten Opfergaben, Brod und Wein. Den Seitenwänden entlang waren die Sitze der Priester, welche dem Bischof dienten. - Die Kapelle wurde durch von der Decke herabhängende Lampen erleuchtet. - Gewöhnlich sind zwei solcher Cubicula oder Kapellen an beiden Seiten eines Ganges oder einer Gallerie, gerade einander gegenüber, angelegt. Das eine größere war dann für den Bischof, die Priester und Männer bestimmt, das gegenübeliegende kleinere für die Frauen. Eine strengkirchliche Sitte forderte bei der Feier des Gottesdienstes eine Trennung beider Geschlechter. In dem größern Cubiculum waren im Hintergrund der Bischofssitz, vor demselben der tragbare Altar (altare portatile), an den Seitenwänden die Sitze der Priester. Dieser Theil des Cubikulums war das Presbyterium. Von diesem getrennt standen die Männer. Die im gegenüberliegenden kleinen Cubiculum sich befindlichen Frauen waren ebenfalls geschieden, im hinteren Raum waren die Diakonissen* (* Die Diakonissen sind apostolischen Ursprungs; schon der hl. Paulus erwähnt ihrer. Sie waren im Alter fortgeschrittene Jungfrauen oder Wittwen, welche bestimmt waren, bei der Taufe und Firmung ihrem Geschlechte beizustehen, die Gefangenen zu besuchen, die Kranken zu pflegen, über das weibliche Geschlecht die Aufsicht zu führen. Sie erhielten zu ihrem Amte eine besondere kirchliche Weihe.) und im vorderen die Frauen. - Wurden die heiligen Geheimnisse gefeiert, so konnten die Frauen durch die beiden Thüren auf den Altar hinschauen. Hier der Grundriß zweier Katakombenkapellen im Cömeterium S. Agnetis.

Ott_Christen_19a b die zwischen beiden Kapellen liegende Gallerie; c die Thüre die Schwelle, Gesimsen und Tragsteinen von Travertin; d d die Gemache für die Männer; m n Nischen in der Wand zur Aufnahme von Statuen; l l Wandsäulen mit Stuck bekleidet, welche die Männer vom Presbyterium schieden; i i Sitze der Priester; e Presbyterium; h Stuhl des Bischofs, vor demselben der Altar; f Eingang in die Kapelle der Frauen; gg Gemach der Frauen und der Diakonissen; o o Wandsäulen, welche die Frauen von den Diakonissen schieden; q r zwei kleine Gemächer mit Arcosolien; p Marmorüberreste des Fußbodens. In der Gallerie zwischen beiden Thüren befanden sich auf den Knieen liegend die Büßer. Die beiden Kapellen konnten 70 - 80 Personen fassen. In diesen Kapellen wurde das hl. Opfer gefeiert, die hl. Kommunin gespendet, das Evangelium vorgelesen und erklärt und wurden Psalmen gesungen. Um nun der Menge der anwesenden Gläubigen frische Luft und ein wenig Licht zuzuführen, wurden in den Decken Luminaria, Licht- oder Luftlöcher, angebracht, welche, durch den Tuff gehauen, in's Freie gingen und Luft herabführten. Wie nothwendig ein solches Luminare, Luftloch, war, erhellt daraus, daß eine Menge Leichen in den Wänden lagen, daß eine große Zahl von Lampen brannten und die Kapellen oft von einer Menge Gläubiger angefüllt waren und daher die verdorbene Luft der Reinigung bedurfte. (Siehe Abbildung weiter unten.)
Da, wie gesagt, die Luminaria in's Freie führten und dort an der Erdoberfläche in einem kleinen etwa ein oder zwei Fuß hohen Kamin endeten, so versetzten dieselben die Christen oft in große Gefahr. Es wurde dadurch der Ort ihrer Zusammenkünfte entdeckt, oder mehr noch, sie dienten den Heiden dazu, ihre Wuth gegen die Christen loszulassen. Ein furchtbares Ereigniß erzählt uns der hl. Gregor von Tours. Crysanthus und Daria, zwei christliche Ehegatten, kamen aus dem Morgenlande nach Rom. Weil sie mit allem Eifer für die Ausbreitung des Christenthums thätig waren, wurden sie ergriffen, auf verschiedene Weise gepeinigt und endlich in einer Sandgrube mit Erde und Steinen verschüttet im Jahre 284. Ihre Leiber wurden erhoben und in dem Cömeterium, in welchem bereits drei Söhne der hl. Felicitas, welche um das Jahr 161 den Martertod starben, ihre Ruhestätte hatten, an der Via Salaria bestattet. - Ihre Gräber wurden von den Christen sehr verehrt und waren selbst bei den Heiden durch wunderbare Krankenheilungen berühmt. - Durch die Menge der Pilger wurde die Kapelle entdeckt, wo die beiden heiligen Martyrer begraben lagen und die christliche Gemeinde sich zur Feier der heiligen Geheimnisse in stiller Nachtzeit versammelt hatte. Der Stadtpräfekt ließ auf Befehl des Kaisers unversehens die Betenden einschließen. Der Eingang in die Gruft wurde vermauert und von oben (durch das Luminare, Luftloch) Steine und Sand auf die Versammelten herabgeworfen. Als später die Gruft entdeckt wurde, fand man nicht nur daselbst das Grab der heiligen Chrysanthus und Daria, sondern auch die Gebeine der dort versammelt gewesenen Christen und endlich die zur Feier des heiligsten Opfers gebrauchten Gefäße.
Wenn auch in den Katakomben hie und da Luminaria "Luft- und Luftlöcher" angebracht waren, so herrschte doch in den nach allen Richtungen verzweigten Gallerien und in den Kapellen, besonders zur Nachtzeit, die größte Finsterniß. Der heilige Hieronymus, welcher ungefähr sechzig Jahre nach der letzten Christenverfolgung lebte, schreibt hierüber:
Katakombenkapelle aus S. Agnetis mit Luminare"Da ich als Knabe in Rom erzogen wurde, besuchte ich regelmäßig jeden Sonntag in Gesellschaft anderer Knaben meines Alters und meiner Gesinnung die Gräber der Apostel und Martyrer, und stieg hinab in die Grüfte, welche im Schooße der Erde ausgehauen sind. In den Wänden zu beiden Seiten der Gänge, die man betritt sind die Leiber der Verstorbenen beerdigt und so dunkel ist die ganze Stätte, daß fast jenes Wort des Propheten erfüllt wird: "Laß sie lebend in die Unterwelt hinabsteigen."* (* Hieronymus in Ezech. 140.)
Um nun in den dunklen Gängen sich zurechtzufinden und die Finsterniß einigermaßen zu verscheuchen, bedienten sich die ersten Christen der Lampen aus Terracotta oder aus Bronce, welche sie in den Händen trugen oder in Nischen an den Wänden niedersetzten, wenn sie in die Katakomben niederstiegen.
Lampen aus verschiedenen CömeterienMan fand in den verschiedenen Cömeterien eine sehr große Zahl von Lampen. Sie sind oft sehr schön geformt und tragen bald das Monogramm Christi mit dem Alpha und Omega, bald das Bild des Fisches oder einer Taube, des Propheten Jonas etc. Die größern Cubicula oder Kapellen hatten auch öfters mehrere Arcosolien mit Martyrergräbern, auf welchen das heiligste Opfer dargebracht wurde; auch war die Zahl der Cubicula eine sehr große, um die Zahl derer, welche in der Verfolgung hier Zuflucht suchten, aufnehmen zu können. Das Cömeterium S. Calisti zählte allein deren hundert. - Vom heiligen Petrus sagt die Überlieferung, daß er im Cömeterium Ostranum getauft hat; *) (* Dieses Cömeterium ist im Jahre 1876 wieder entdeckt worden; die dort aufgefundenen Malereien und Stuccaturarbeiten weisen auf ein sehr hohes Alter; auch las man auf einer noch nicht entzifferten Inschrift den Namen "Petrus".) es befanden sich daher in den Katakomben auch Taufbrunnen "Baptisterien", und wirklich fand man in mehreren Cömeterien solche Brunnen.

Fortsetzung

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