Montag, Mai 22, 2006

Vorwort zum Werk: Die Ersten Christen ober und unter der Erde

oder "Zeugnisse für den Glauben, die Hoffnung und Liebe unserer heiligen Mutter, der Kirche. Ein Buch des Trostes und der Ermutigung für die Katholiken und der Belehrung für ihre Gegner" von Georg Ott, Dekan und Stadtpfarrer in Abensberg. Mit zahlreichen Bildern. Dritte Auflage. Mit Genehmigung des Bischöfl. Ordinariates Regensburg. 1880. Regensburg, New York & Cincinnati, Druck und Verlag von Friedrich Pustet, Typograph des heiligen Apostolischen Stuhles.

Das hier abgebildete reiche xylographische Titelblatt ist den schönen Fresken von Fracassini in der Basilika des hl. Laurentius in Rom entnommen, die dessen Hauptszenen der Weihe des hl. Diakons duch Sixtus II. in den Katakomben, seine grausame Marter auf glühendem Roste und die Übertragung seines Leichnams in das Coemeterium der hl. Cyriaka darstellen, während sich an den Seiten kleine passende Bilder aus den Coemeterien Roms befinden.

Vorwort

Es war ohne Zweifel eine der zahlreichen auffallenden Fügungen der göttlichen Vorsehung im thatenreichen Leben Unsers großen Papstes Pius IX., daß durch ihn die Erforschung der altchristlichen Todtengrüfte oder Katakomben, welche die Stadt Rom wie mit einem geweihten Gürtel umgeben, mehr als durch einen der frühern Päpste gefördert wurde. Papst Pius IX. verdient in der That den Namen "zweiter Damasus" (der heilige Papst Damasus I. (367-385) hat sich um die Erhaltung und Ausschmückung der Katakomben und ihrer Grabkammern die größten Verdienste erworden.), nicht allein dadurch, daß er eine eigene Kommission gelehrter Kenner des christlichen Alterthums gegründet hat und deren Arbeiten und Bestrebungen bedeutende Geldunterstüzung zuwendete, sondern auch durch seine persönliche rege Theilnahme und Ermunterung, welche er den Studien über die Katakomben zu Theil werden ließ, und worin er von dem berühmten Gelehrten und Alterthumsforscher Johann Bapt. de Rossi am eifrigsten unterstützt ward, der in der Erforschung der Katakomben mehr geleistet hat, als alle seine Vorgänger im Laufe der letzten Jahrhunderte.
Das Pontificat Pius IX. ist aber wie kein anderes noch besonders charakterisirt durch den gemeinsamen Sturmlauf, welcher vom Un- und Irrglauben, sowie vom Indifferentismus und Materialismus und von Seiten weltlicher Machthaber gegen die Kirche unternommen wurde und mit gleicher Wuth noch immer fortgesetzt wird.
Es ist nun keine Ueberteibung, wenn wir sagen: die fortdauernde, sorgfältige und äußerst umsichtige Erforschung der Todtengrüfte der ersten Christen und die merkwürdigen Resultate derselben sind eine neue Widerlegung der Behauptungen des Un- und Irrglaubens, eine neue eigenartige Strafpredigt gegen die indifferente und materialistische Richtung unserer Zeit und ein neues Zeugniß von der Ohnmacht weltlicher und kirchenfeindlicher Machthaber.
Wenn der Unglaube unserer Tage im wahnsinnigen Unterfangen es wagt, die göttliche Institution des Christenthums oder, was Eines ist, der Kirche, die Wahrheit ihrer Lehre und ihrer heiligen Geheimnisse in Abrede zu stellen und für Menschenfindung auszugeben; ja wenn dieser gottlose Unglaube so weit geht, die geschichtliche Existenz Christi, des Erlösers, sein Dasein auf Erden und seine wundervollen Thaten zu läugnen, so tritt jetzt in den Katakomben das gesammte Leben, Lehren und Wirken Christi und seiner Kirche wie eine glänzende Gemäldegallerie aus den ersten Jahrhunderten vor die Augen eines ungläubigen Geschlechtes und es erheben nicht blos die ersten Christen über der Erde, die den Beginn der Katakomben noch geschaut, sondern auch die Todten, welche in ihren Grüften seit Jahrhunderten im Frieden schlafen, ihre Stimme, um die frivolen Angriffe dieses Unglaubens zurückzuweisen.
Und wenn der Irrglaube, wie er sich besonders im Protestantismus kundgibt, viele wichtige Lehren und Gebräuche der Kirche als nicht von Christus herrührend und den ersten Christen unbekannt, läugnet, so sind die Grabinschriften und Bildwerke der Katakomben aus der ersten Zeit der Kirche eine solch handgreifliche Widerlegung, daß einer der besodern Verfechter des Irrthums nach einem Besuche der Katakomben ausrief: "Ich sehe, der katholische Aberglaube geht bis in die Katakomben zurück", und ein anderer seinen Glaubensgenossen den Rath gab, die Katakomben nicht zu besuchen, um nicht beunruhiget zu werden! -
Höchst beklagenwerth ist die Gleichgiltigkeit einer großen Anzahl Katholiken, besonders aus den gebildeten Ständen, gegen ihre heilige Religion, in der sie doch geboren und erzogen worden. Diese Gleichgiltigkeit erhält aus der Tiefe der Katakomben ihre verdiente Strafpredigt durch die laut sprechenden Beweise der Frömmigkeit, ja Heiligkeit der ersten Christen, ihres Starkmuthes, ihrer Opferwilligkeit und Anhänglichkeit an die Vorsteher der Kirche und zwar nicht blos der Armen und Unwissenden, sondern auch der Reichen, Vornehmen, Hochgestellten und Gelehrten. Daher ist die Behauptung, als ob die ersten Christen nur ein Haufe armer, unwissender, niedriger Leute gewesen sei, durch die Katakomben hinfällig geworden. Denn de Rossi, von dem ein gelehrter Alterthumsforscher (Martigny) sagt, daß man auf jedes Wort, das er schreibt, sich unbedingt verlassen könne, hat nachgewiesen, daß die meisten areae oder Begräbnißstätten (Cömeterien) eine Stiftung reicher, vornehmer, neubekehrter Geschlechter waren, welche auf ihren Landgütern die ersten Todtengrüfte anlegten, und ihre Grabkammern (cubicula) mit Bildern von klassischer Kunst schmücken ließen, daher auch die Beschuldigung von dem Kunsthaß der ersten Christen in das Reich der Fabeln gehört.
Abgesehen nun von diesem hohen geschichtlichen und küstlerischen Werthe der Katakomben, dienen dieselben wie kein anderes Mittel zur Stärkung des Glaubens, zur Belebung des Vertrauens, der Liebe und Anhänglichkeit an die Kirche, die, wie sie einst viele ihrer Tage in Trauer und Schmerz im Dunkel der Katakomben hinbringen mußte, aber nach einem dreihundertjährigen blutigen Kampfe mit den Mächtigen dieser Erde aus der Nacht der Katakomben zum Lichte triumphirend emporstieg, so auch in unsern Tagen der Bedrückung und Verfolgung von Seite irdischer Machthaber über ihre Feinde triumpiren wird.
Deßhalb nun diese Schrift zum Troste und zur Belehrung für Gläubige und Ungläubige. - Dem Verfasser war kein Buch von gleicher Tendenz bekannt, noch fand er eine Vorarbeit ähnlicher Art, um sie benützen zu können, auch gestattete ihm sein hohes Alter nicht, nach Rom zu wallen, um dort die Katakomben zu besuchen und an Ort und Stelle seine Studien zu machen, aber er hat mit regstem Fleiße die Schriften jener gelehrten Männer durchsucht: eines de Rossi, Boldetti, Aringhi, Martigny, Northcote, Dr. Kraus, Becker usw., welche sich die Erforschung der Katakomben zur besondern Aufgabe gemacht und das Resultat ihrer Forschungen mit größter Treue in Wort und Bild bekannt gegeben haben. Zugleich hat er die Schriften der ersten Väter und Lehrer der Kirche befragt, welche das Glaubensleben der ersten Christen so lebhaft schildern und über die sinnbildlichen Darstellungen und Bildwerke der Katakomben erst volles Licht verbreiten; er hat die Akten der heiligen Martyer durchlesen, welche die Göttlichkeit des Christenthumes mit ihrem Blute bezeugten, und hat zu seiner Freude gefunden, daß die ersten Christen sowohl über als unter der Erde das Nämliche geglaubt, gehofft und geliebt haben, was die römisch-katholische Kirche noch heute glaubt, hofft und liebt, und sowie er daraus Vermehrung seines Glaubens, Stärkung seiner Hoffnung und Nahrung für seine Liebe geschöpft, so hofft und wünscht er herzlich, daß die gläubigen Leser dieses Buches dasselbe aus seinem Inhalte schöpfen, die Gegner der Kirche aber erkennen möchten, daß das Christenthum eine unläugbare geschichtliche Thatsache, Gottes eigenes Werk ist. -
Schließlich erklärt der Verfasser, daß er dieses Buch, wie alle seine Bücher, nur für das Volk, nicht für Gelehrte geschrieben hat und den gnazen Inhalt desselben dem Urtheile der Kirche unterwirft.


Abensberg, am Tage der hl. Cäcilia, 1876.
Georg Ott, Stadtpfarrer und Dekan.

Keine Kommentare: