Donnerstag, August 31, 2006

Der Beginn des Christentums in Rom


Es war im Jahre 42 nach Christi Geburt, zur Zeit, als Claudius römischer Kaiser war, da schritt ein Mann der Stadt Rom zu, dem man es ansah, daß er ein Fremder sei. Zu Ostia war er ans Land gestiegen, und nun ermüdet von der Reise setzte er sich beim Schiffstore, Navalia genannt, auf einen Markstein, um einige Zeit auszuruhen. Das Alter hatte bereits in des Mannes Antlitz tiefe Furchen gegraben, sein Haar und Bart waren kraus, seine Augen von Tränen feucht, er war gehüllt in ein blaues Oberkleid und einen gelben Mantel (1) , an seinen Füßen hatte er ärmliche Sandalen gebunden. Sich besinnend, wohin er sich in der großen Stadt wenden solle, schweift sein Blick über die zahllosen Gebäude, die im Glanze der Morgensonne vor ihm lagen. Hoch über die Paläste und den Circus ragte das Kapitol empor, gekrönt mit der Burg und dem Tempel des Jupiter, das größte Heiligtum des heidnischen Roms. Während der Fremdling so sinnend dasitzt, naht sich ihm ein Römer, der ihn schon längere Zeit neugierig betrachtet hatte und knüpft mit ihm folgendes Gespräch an (2) :
Römer. Fremdling! dürfte ich wohl wissen, welches Geschäft dich nach Rom führt; ich wäre wohl im Stande, dir einen Dienst zu erweisen.
Der Fremdling. Ich komme, um hier den unbekannten Gott zu verkünden und seine Verehrung für die der Götter einzuführen.
Der Römer. Wirklich? Sieh' doch, wie ganz neu mir die Sache ist! Ich habe wohl Lust, dies sogleich meinen Freunden zu hinterbringen. Laß uns aber, wenn es dir beliebt, noch ein wenig davon reden. Doch vorerst sage mir, woher du kommst, und was du für ein Landsmann bist?
Der Fremdling. Ich gehöre zu jenen Menschen, die ihr hasset, die ihr verabscheut, und die ihr nur duldet. Meine Landsleute wohnen, wie man mir sagte, nicht weit von hier, ich bin ein Jude!
Der Römer. Aber du bekleidest wohl eine hohe Würde bei deinem Volke?
Der Fremdling. Siehe dort in der Nähe am Ufer des Flusses die armen Fischer. Ich bin von demselben Stande. Ich habe einen guten Teil meines Lebens zugebracht, um in einem See meines Landes Fische zu fangen und Netze zu stricken, um meinen Lebensunterhalt zu gewinnen. Ich habe weder Gold noch Silber.
Der Römer. Und seit wann hast du diesen Stand verlassen? Du hast dich ohne Zweifel dem Studium der Weltweisheit hingegeben, hast die Schulen der Gelehrten besucht und hältst viel auf deren Wissenschaft und Beredsamkeit?
Der Fremdling. Ich bin ohne alle wissenschaftliche Bildung.
Der Römer. Bisher bemerke ich nichts an dir, was deinem Unternehmen, den unbekannten Gott zu verkünden, förderlich sein und seine Verehrung empfehlen könnte.
Der Fremdling. Der Gott, den ich verkünde, hat die schimpflichste Todesart am Kreuze zwischen zwei Missetätern erlitten.
Der Römer. Was willst du aber von diesem unbekannten Gott verkünden?
Der Fremdling. Eine Lehre, welche dem hochmütigen und sinnlichen Menschen Torheit ist und welche alle diese Götzen und ihre Laster, denen diese Stadt Tempel gebaut, vernichtet.
Römer. Wie? Du willst diese Lehre in Rom verkünden und etwa auch in anderen Ländern?
Der Fremdling. In der ganzen Welt.
Der Römer. Und das für lange Zeit?
Der Fremdling. Für ewige Zeiten.
Der Römer. Beim Jupiter! Dein Unternehmen ist kühn und nicht ohne große Gefahr. Ich glaube, du brauchst schon für den Anfang einen Beschützer, um deinen Plan auszuführen. Doch sage mir, wie kannst du dir einbilden, daß du die Kaiser, die Reichen, die Gelehrten zu deinen Freunden zählen wirst?
Der Fremdling. Zu den Reichen werde ich sagen, sie sollen ihrer Schätze zu Gusnten der Armen sich entledigen, die Gelehrten werde ich mit ihrer Wissenschaft unter das Joch des Glaubens beugen, den Kaisern werde ich ihre höchste Priesterwürde abnehmen!
Der Römer. Wie willst du das zuwege bringen? Du kannst leicht einsehen, daß man, statt dir beizustimmen, sich mit aller Macht widersetzen wird!
Der Fremdling. Ich werde den Tod erleiden.
Römer. Das ist in der Tat das Wahrscheinlichste, was du mir sagst. Ich danke dir Fremdling, du hast mich gut unterhalten. Doch sage mir noch, ehe ich hingehe, um meinen Freunden von dir zu erzhählen, wie heißest du?
Der Fremdling. Ich heiße Petrus, zuvor nannte man mich Simon, des Jonas Sohn!
Und wirklich war es Petrus, der geliebte Apostel des Herrn, der zum erstenmal Roms Straßen betrat (3), mit dem Entschlusse, des Satans Reich hier in seinem Mittelpunkte anzugreifen, seine Tempel zu zerstören und auf ihren Trümmern das Zeichen der Erlösung, das Kreuz, aufzurichten.
Er hatte bereits zu Jerusalem und in mehreren Provinzen Kleinasiens Juden und Heiden das Evangelium verkündet und überall Christengemeinden gebildet. In der Stadt Antiochia schlug er zuerst seinen Bischofsstuhl auf (4) . Nach sieben Jahren rastloser Tätigkeit bestimmte er den Evodius als seinen Nachfolger, und schiffte sich dann nach Italien ein. - Rom war das Ziel seiner Reise. Nicht Jerusalem, wo der Gottesmord geschehen, und das starre Judentum mit größter Zähigkeit am Alten hing, während bereits die Tage der Wiedergeburt der Menschheit durch das Christentum begonnen hatten, war von der Vorsehung ausersehen, der Mittelpunkt der großen, Welt umfassenden, christlichen Gesellschaft zu werden, sondern Rom, die Stadt der Welt.
Am Fuße der goldnen Meilensäule (Milliardium aureum) (5) liefen alle Hauptstraßen der Welt zusammen, auf welchen die römischen Legionen hinauszogen, um die Völker der Erde dem römischen Adler zu unterwerfen und auf den nämlichen Straßen sollten die Apostel des Glaubens in alle Welt hinausziehen, um die nämlichen Völker unter das sanfte Joch des Kreuzes zu beugen. Rom war der Herd jeglicher Unsitten, der Mittelpunkt der Laster; das Christentum war aber bestimmt, die verdorbene Welt zu regenerieren und darum war es passend, den Mittelpunkt, von dem die Wiedergeburt ausgehen sollte, an den Ort zu verlegen, wo der Herd des Verderbens sich befand. Rom war endlich die fruchtbae Mutter des scheußlichen Götzendienstes, alle Götzen der unterjochten Völker nahm diese Stadt in sich auf und nötigte sie hinwiederum den unterworfenen Völkern auf. Darum mußte auch von da aus, wo Lüge und Trug in alle Welt ausging, das Licht der Erkenntnis des Einen wahren persönlichen Gottes und die geoffenbarte Wahrheit in die Welt sich ergießen. Daher lenkte denn auch die heilige Vorsehung die Schritte des Apostels Petrus in diese Stadt.
Hier angekommen, wandte er sich zuerst an seine Landsleute, die Juden, welche schon vor der Geburt des Heilandes das rechte Ufer des Tiber oder die Transtiberinische Region bewohnten. Nachdem er viele derselben dem Herrn gewonnen, wandte er sich auch an die Heiden. Der Erste, welcher ihn gastlich in sein Haus aufnahm, war der Senator Pudens, ein edler Römer, welcher am Fuße des esquilinischen Hügels ausgedehnte Besitzungen hatte. Dieser vornehme Bürger wurde von den salbungsvollen Worten des Apostels so ergriffen, daß er mit seiner Mutter Priscilla, seinen Söhnen Timotheus und Novatus und seinen Töchtern Pudentiana und Praxedis dem Götzendienste entsagte und sich taufen ließ. Er errichtete auch in seinem Palaste ein Oratorium für die Feier der heiligen Geheimnisse. Das Haus des Pudens wird das Vorbild eines jeden christlichen Hauses; die Familie wird eine Familie von Heiligen, der Reichtum wird mit den Armen geteilt, die Türe des Hauses steht armen Fremdlingen offen, in den Räumen des Hauses, in welchem heiliger Friede herrscht, vernimmt man nur mehr das Lob Gottes. Dieses Haus bildete mit seinem kleinen Oratorium die erste Kathedralkirche Rom's, wo der heilige Petrus Bischöfe weihte und sie als Glaubensboten aussendete. Hier versammelten sich jene ersten, eifrigen heiligen Christen um das erste Oberhaupt der Kirche, um den hl. Petrus, der hier lehrte, taufte, die heiligen Geheimnisse feierte und ausspendete. Hier weilte später mit dem hl. Petrus auch der hl. Paulus. Hier begruben die hl. Töchter des Hauses Pudentiana und Praxedis 3000 Leiber der Martyrer, die sie zur Zeit der blutigen Verfolgung mit ihren Gehilfen auf den Richtstätten aufsuchten und deren Blut sie mit Schwämmen sammelten und hieher brachten. Heir in diesem Hause übten die Nachfolger des hl. Petrus, die ersten hl. Päpste, ihr heiliges Amt aus. Hier feierte Pius I. (142 n. Chr.) die hl. Geheimnisse, hier taufte er Viele, und dieses Haus des Pudens war es, welches derselbe Papst auf Bitten der hl. Praxedis, nach dem Tode ihres Vaters und ihrer Geschwister, zu einer förmlichen Kirche einweihte, der er seinen Bruder, den hl. Pastor als Priester vorsetzte, woher sie auch den Namen (Titel) des Pastors erhielt, bis der Name S. Pudenziana bleibend wurde.

Altar aus St. Pudenziana, in dem der Tisch des hl. Petrus eingeschlossen ist.


Das alte Oratorium wurde 1803 niedergerissen und an seine Stelle eine prachtvolle Kapelle gebaut. Bei dieser Gelegenheit fand man fünf hl. Leiber mit einem vom Blute geröteten Schwamme. Links vom Hochaltar ist die Kapelle und der Altar, nach der Überlieferung an der Stelle, wo der hl. Petrus das hl. Opfer darbrachte (siehe Abbildung). Ein Teil des Tisches, der dem Apsotel zum Altare diente, ist in demselben eingeschlossen, den anderen Teil ließ Papst Sylvester in die Kirche des Laterans übertragen.

(1) In solcher Gestalt und Kleidung stellen den Apostel Petrus seit Jahrhunderten die Maler dar.
(2) Nach Gerbet: Skizze des christlichen Roms
(3) Daß Petrus um diese Zeit die Kirche Roms gegründet, ist eine unleugbare geschichtliche Tatsache. Als Paulus seinen Brief an die Römer schrieb, fand sich dort schon eine wohlgeordnete Christengemeinde, "deren Glaube in der ganzen Welt verkündet wird, deren Gehorsam der ganzen Welt bekannt ist." Wer hat nun diese Christengemeinde gestiftet? Niemand anderer als Petrus. Die allgemeine und besondere Überlieferung nennt ihn als Stifter und ersten Ordner dieser Kirche. Petrus selbst bezeugt es in seinem ersten Briefe, welchen er von Babylon aus schrieb, unter Babylon verstand aber die alte Kirche immer Rom, wie der Apostelschüler Papias bezeugt. Dionysius von Korinth und Irenäus bezeichnen schon im zweiten Jahrhundert Petrus, der den Grund der römischen Gemeinde gelegt hat, und der Martyer Ignatius, ein Schüler des Apostels Johannes, nennt deshalb die römische Kirche: "Vorsteherin des Liebesbundes". Übrigens stößt man in Rom sowohl über als unter der Erde fast bei jedem Schritt auf Petrus, das Haupt der Kirche. In Rom lehrte er, in Rom taufte, in Rom regierte er und starb er am Kreuze wie sein göttlicher Meister. Dies bezeugt das einstimmige Zeugnis der ganzen alten Kirche. Nie hat eine andere Stadt außer Rom jemals den Anspruch erhoben, daß in ihr dieser heilige Apostel gestorben sei. "Ich kann", schreibt ein römischer Christ, Cajus, um das Jahr 200, "auf dem Vatikan und auf dem Wege nach Ostia die Denkmäler der Apostel (Petrus und Paulus) zeigen, welche diese Kirche gegründet haben." Merkwürdig ist auch, jdaß alle Ketzer des Morgen- und Abendlandes zwar sich gegen die Lehre der Kirche Rom's empört, aber nie geleugnet haben, daß Petrus diese Kirche gegründet hat.)
(4) Das Andenken daran feiert die Kirche alljährlich am 22. Februar unter dem Namen "Petri Stuhlfeier"
(5) Auf dieser Säule war die Entfernung der Stadt von allen Endpunkten der römischen Straßen verzeichnet.

Folge: Die Ausbreitung des Christentums in Rom

Samstag, August 12, 2006

Oratio ad renovandam Ordinationis gratiam

Jesu dilectissime, qui ex singulari benevolentia me prae millenis hominibus ad Tui sequelam et ad eximiam Sacerdotii dignitatem vocasti, largire mihi, precor, opem tuam divinam ad officia mea rite obeunda. Oro Te, Domine Jesu, ut resuscites hodie et semper in me gratiam tuam, quae fuit in me per impositionem manuum episcopalium. O potentissime animarum Medice, sana me taliter, ne revolvar in vitia et cuncta peccata fugiam, Tibique usque ad mortem ita placere possim. Amen.

(Indulgentia 300 dierum, semel in die. Leo XIII., 14. Augusti 1884.)

Bone Jesu, rogo Te per dilectionem, qua diligis Matrem tuam, et sicut vere Eam diligis et diligi vis, ita mihi des ut vere Eam diligam.

(Indulgentia 100 dierum, semel in die. Leo XIII., 14. Aug. 1884.)

Donnerstag, August 03, 2006

Der Holocaust der Familie Löb von Tilburg und Berkel in den Niederlanden


Von Anscar Christensen. Übersetzung aus dem Englischen von Paul O. Schenker

In dem schön geordneten Friedhof der Zisterzienser-Abtei von Koningshoeven, nahe Tilburg, in dem für die Äbte reservierten Zentrums-Areal steht, ehrfurchtsvoll umgeben von holländischen Blumen, ein ungewöhnliches granitenes Kreuz:


Im Andenken an unsere Brüder,
Pater Ignatius, Pater Nivard, Bruder Linus,
der Familie Löb, welche
im Jahre 1942 in Auschwitz
für den Namen Christi starben.


Der Besucher fragt sich, warum nur diese erwähnten Mönche zum Tode ausgewählt wurden, vor allem da Löb ein deutscher Name ist und nicht ein holländischer. Dahinter entfaltet sich eine Geschichte, in der jedes Element kostbar ist.
Diese drei Brüder waren die Söhne eines ungewöhnlich talentierten und frommen zum katholischen Glauben konvertierten Eltern-Paares. Lutz und Jenny Löb hatten die besondere Auszeichnung, die in modernen Zeiten ohne Parallele dasteht, gleichzeitig drei Söhne in einer Zisterzienser-Abtei und drei Töchter in einem einzigen Zisterzienser-Kloster zu haben. Dann wurden alle sechs dieser außerordentlich hingebungsvollen christlichen Männer und Frauen vom Nazi-Regime verhaftet einzig weil sie von semitischer Abstammung waren. Sie zeigten eine heroische Treue in ihren Leiden und starben schließlich frei von aller Verbitterung für ihren Glauben. Es lohnt sich, sie von näher zu betrachten:
Ludwig ("Lutz") Löb, der Vater unserer bemerkenswerten Familie, war geboren im Rheinland im Jahre 1881 von liberalen jüdischen Eltern. Sein Vater hatte ein gutes Bekleidungsgeschäft in den Haag, und er übersiedelte seine ganze Familie dorthin im Jahre 1882. Tatsächlich brachte es Ludwig nie dazu, obwohl seine Kinder alle holländische Staatsbürger waren, seine deutsche Volkszugehörigkeit aufzugeben.
Lutz wurde ein nachdenklicher, feinfühliger, nobler Jungmann. Nach einem Interesse für Marxismus wandte er sich der Lektüre von Kardinal Mercier und anderer zu und begann sich für den Katholizismus zu interessieren. Er verlobte sich mit einer jungen jüdischen Frau, Johanna ("Jenny") van Gelder, der Tochter eines wohlhabenden Exporteurs. Man sagt, daß sie, im Gegensatz zu ihm, ein hitziges, talentiertes und extravertiertes Mädchen war. Sie empfingen die Taufe einige Tage vor ihrer Heirat im Jahre 1906.
Ludwig hatte unbeständigen Erfolg als Bergbau-Ingenieur und Lehrer. Die Familie siedelte von Holland nach Indonesien über und kehrte schließlich zurück und ließ sich in Bergen op Zoom nieder. Inzwischen waren von 1908 bis 1918 acht Kinder geboren. In Bergen op Zoom waren sie in einer streng katholischen Region. Hier waren sie nicht reich, aber die Personen der Familie erblühten in einer sehr gesunden Art und Weise. Jenny war die beliebteste Hostess in der Stadt. "Bei Löb's gibt es immer ein Fest!" Lutz war ein sanftmütiger, beliebter Lehrer und Jungendführer. Er widmete sich stiller Betrachtung, studierte den heiligen Bernhard, übersetzte französische Bücher (einschließlich Thibaut's Leben von Dom Marmion), machte jährlich 8-tägige Exerzitien in der Koningshoeven Abtei nicht weit weg und war allen bekannt als ein wahrer Heiliger.
So kam es, daß als der älteste Sohn, Georg, sein Hochschulstudium beendet hatte and Priester werden wollte, er im Jahre 1926, nach einigen Schwierigkeiten und einigem Zögern, in das Chor-Novitiat im nahegelegenen Trappisten-Kloster eintrat. So begann die Prozession. Nach Georg folgten seine jüngeren Brüder Robert ("Rob") als ein Laienbruder und Ernst als Chormönch. Inzwischen empfand das älteste Mädchen, Lina ("Lien") den gleichen Zug und wollte bei den Trappistinnen eintreten. Das nächstgelegene Konvent war französischer Sprachzugehörigkeit: Chimay in Süd-Belgien. Hier kam sie als erstes holländisches Mädchen an, um diesem Hause beizutreten. "Ich opfere mich selbst für die Bekehrung der Juden". Auch ihr folgten hernach zwei Schwestern, Door und Wies. Im Jahre 1937 gingen sie alle zur Neugründung nach Berkel, in den Niederlanden, nicht weit von Koningshoeven.
Somit waren es zwei Patres, ein Ordensbruder und drei Ordensschwestern aus der gleichen Familie, und ein jedes war eine echte existentielle Persönlichkeit eigenen Rechtes. Georg (Pater Ignatius) war extravertiert, herzlich und hilfsbereit. Er und Rob hatten manchmal ihre Mühen in Sachen Mängel und Schwierigkeiten, aber unterzogen sich gut. Rob (Bruder Linus) war hübsch, aktiv und voll glücklicher Kameradschaft. Er baute sogar einen verbotenen handgefertigten Radio mit einem Blechdach als Antenne und hörte heimlich Hitlers Reden! Ernst (Pater Nivardus) war ernst: "Ein Mönch bis ins Herz". Ein selbstbeherrschter Novizenmeister-Stellvertreter; er war strikt mit sich selbst aber lieb mit andern. Seine Nerven verursachten ihm schlaflose Nächte, aber er kam mannhaft zu den Nacht-Vigilien und kämpfte gegen den Schlaf mittels mancher "Befriedigungen". Lien (Mutter Hedwigis) war eine liebenswürdige, reife mütterliche Jungfrau. Sie bekleidete verschiedene Ämter in der Gemeinschaft und war bekannt als eine vorbildliche Ordensfrau, offenherzig und spontan, jedoch kontrolliert. Door und Wies (Mutter Theresia und Mutter Veronika) waren großherzig im Opfern und hatten eine zarte Liebe zur Heiligsten Jungfrau. Sie waren jedoch physisch nicht so stark wie Lien. Zuhause blieben nur die beiden jüngsten Kinder, Hans und Paula.
Inzwischen starb Lutz Löb eines heiligmäßigen Todes und hatte eines Armen Beerdigung, wie er es verlangt hatte. Kurz nach Pater Nivardussens erster heiliger Messe starb auch die Mutter, Jenny Löb.
Das Dritte Reich erhob sich. Der Krieg kam. Nazi-Panzer rumpelten in die Niederlande. Die holländischen Bischöfe protestierten in einer Pastoral-Verlautbarung gegen die am jüdischen Volk verübten Greuel. Statt die Hierarchie direkt anzugreifen, wählte der Kommissär General Schmidt die Variante, sie zum Schweigen zu bringen mittels einer öffentlich angekündigten Repressalie: eine Woche später wurden alle Juden katholischen Glaubens in Holland eingekreist. Das ist der Grund, warum ihr darauf erfolgter Tod zurecht ein Martyrium genannt werden kann erlitten im Haß gegen den Glauben und der lehrenden Autorität der Kirche.
Am Sonntag Morgen, 2. August 1942, während die Nonnen in Berkel das bekannte Nacht-Offizium sangen, kam die Polizei und verlangte, daß Mutter Hedwigis und Mutter Theresia überstellt würden. Sie verließen das Chor, empfingen die Heilige Kommunion von ihrem Kaplan und sagten lächelnd Adieu zu allen, die bei ihnen waren. "Wollt ihr nicht davonlaufen?" "Nein, ich habe meinem Herrn nur gesagt: 'Ich übergebe mich Dir; tue mit mir, was Du willst'". Mutter Veronika lag ernsthaft krank an Tuberkulose darnieder und wurde nicht verhaftet.
Als sie in Koningshoeven im Polizeiwagen ankamen, hatten die SS-Wachtmänner die Brüder von ihrem Nacht-Offizium weggeholt, aber sie erlaubten es in der Tat Pater Nivard und Pater Ignatius, vorher noch die heilige Messe zu zelebrieren. Pater Nivard war bemerkenswert in der Art, wie er die Messe mit seiner gewohnten Ruhe und bewußten Ernsthaftigkeit feierte. Als er gefragt wurde, ob er nicht zu fliehen versuchen wolle, sagte Pater Ignatius: "Aber was für eine Auswirkung würde das haben auf das Kloster? Sie haben gedroht, zehn Patres zu töten, wenn wir nicht kämen". Zu einem anderen Bruder sagte er: "Bis wir uns im Himmel wiedersehen". Die erste Reaktion von Bruder Linus war wegzulaufen, aber er schickte sich in das Unvermeidliche und diente Pater Ignatius bei der Messe.
Als die Brüder hinausgingen zum Wagen und die Schwestern sahen, die sie seit 12 bis 14 Jahren nicht mehr gesehen hatten, war die Wiedervereinigung herzinnig und voller Freude. Ein erstaunter SS-Wachtmann sagte: "Ihr glaubt wohl, ihr würdet zu einer Party geführt!" "Ja, so ist es", sagte Mutter Hedwigis, "ihr helft uns schlicht, schneller in den Himmel zu kommen!"
An diesem Tage wurden in den Niederlanden nicht weniger als 300 jüdische Katholiken festgenommen und in das Amersfoorter Einsammlungszentrum verbracht, dann zu dem berüchtigten Westerbork Camp an der deutschen Grenze. Es mag angemerkt werden, daß zu jener Zeit die Nazis immer noch hofften, Amerika würde ihren Opfern Zuflucht gewähren, und detaillierte Fragen wurden gestellt und notiert über Freunde und Verwandte in Amerika. Aber die US-Regierung willigte nicht ein, sie aufzunehmen. Die Löbs waren in brillanter Gesellschaft, mit Ärzten, Intellektuellen, gelehrten Dominkaner-Patres und -Schwestern, und der großen Karmelitin, Schwester Benedikta vom Kreuz, Edith Stein. Wegen der großen Kraft ihres Charakters war diese letztere eine natürliche Anführerin der Gruppe von Ordensleuten, welche das Offizium und den Rosenkranz gemeinschaftlich beteten.
Zeugen sagen, daß die beiden Priester der Löb-Familie tatkräftig waren im Trösten und Beichthören, und die Nonnen waren mutig und überall hilfsbereit, besonders gegenüber den Kindern. Dies ist in etwa alles, was wir wissen. Die Gruppe wurde ins schreckliche Auschwitz-Lager in Polen verbracht, wo ein Nazi-Dokument kurz und bündig ihre Geburts- und Sterbedaten festhält: August und September 1942. Ein unbestätigter Bericht eines anonymen Briefes sagt, daß weil sie Beicht hörten, die Patres Ignatius und Nivardus von einer Schießtruppe mit zwei Polnischen und Griechischen Priester getötet wurden und daß Pater Nivardus, der ehemalige Untermeister ausgerufen habe, ehe die Geschosse abgefeuert wurden: "Für das Novitiat von Koningshoeven!"
Schwester Veronika, die krank war, wurde schließlich von den Nazis nach Westerbork verbracht, jedoch nach nur 8 oder 10 Tagen freigelassen, dann von ihren Oberinnen in verschiedene Spitäler gesandt und starb endlich in ihrem eigenen Kloster im August 1944. Der jüngste Bruder, Hans, wurde festgenommen und verrichtete Zwangsarbeit in einem Zink-Bergwerk in Polen. Als die Kommunisten vorrückten, wurde er in einen nach Westen bestimmten, offenen Transport-Lastwagen verbracht, fror sich dabei seine Füße ab und starb in den Kranken-Barracken in Auschwitz im Februar 1945. Das jüngste Löb-Kind, Paula, heiratete einen Holländer, blieb während des Krieges verborgen im Hause eines mutigen Katholiken in Nymegen und ist das einzige überlebende Mitglied der Familie.