Freitag, Juni 02, 2006

Das tausendjährige Reich - Teil 1

Das tausendjährige Reich der Geheimen Offenbarung des Apostels Johannes ist die Zeit, in der die katholische Kirche ungestört von Verfolgungen die heiligen Geheimnisse, besonders das heilige Opfer Christi, feiern und erneuern konnte.
Die Anbetung des wahren Gottes, feierlich in der Öffentlichkeit vollzogen, und die Anbetung Christi im heiligsten Altarssakrament sind etwas so Erhabenes, daß es keine genauere und bessere Deutung des tausendjährigen Reiches gibt.
Das Wort Reich ("regnum") bezeichnet Freiheit, freies eigenes Schalten und Walten ("regere").
Tausend Jahre lang konnte die Kirche nach dreihundertjähriger drückender Beengung in den Katakomben frei die Form der gottesdienstlichen Feier bestimmen.
Frei und öffentlich konnte die katholische Kirche ihren Glauben an die Gegenwart des Heilands im heiligsten Altarsakrament bekunden. Frei konnte sie die für diese Bekundung erforderlichen Zeremonien auswählen und bestimmen, wie z.B. die Kniebeugungen. Die Apostel im Abendmahlssaal waren dazu noch nicht fähig gewesen. Denn das letzte Abendmahl des Herrn fand nicht öffentlich statt. Es war geheim: Die Häscher Jesu standen schon bereit und nahmen ihn wenige Stunden später gefangen, und er wurde als Gotteslästerer vom Hohenpriester Kaiphas zum Tode verurteilt. Darum ist es ganz und gar sinnlos, wenn heute eine freie Kirche die Feier des hl. Meßopfers bis auf jene Form verkleinern will, die sie hatte, als die Priester und Gläubigen noch unter höchster Lebensgefahr zusammenkamen.
Die oben genannte Deutung des tausendjährigen Reiches ist durch folgende Tatsachen der Apokalypse geboten:
1.) Das tausendjährige Reich folgt auf die Vernichtung der beiden Tiere, der heidnischen römischen Weltmacht und des römischen Götzenpriestertums: "apprehensa est bestia et cum ea pseudopropheta" - "Das Tier und der falsche Prophet wurden gepackt... und in einen See von brennendem Schwefel geworfen" (19, 20). Die Braut des Lammes, die Kirche, bereitet sich auf die große Zeit der kommenden Freiheit vor (Apk. 19, 7), auf die "Hochzeit des Lammes".
Eine Hochzeit ist eine öffentlich und feierlich gehaltene Trauung. Das Lamm, der gekreuzigte Sohn Gottes, erhebt Anspruch auf die Liebe sowohl jedes einzelnen Christen ("du hast deine erste Liebe verlassen", Apk. 2, 4) als auch auf die feierliche Bezeugung der Liebe durch die gesamte Kirche ("Wenn ich von der Erde erhöht sein werde, werde ich alles an mich ziehen", Joh. 12, 32).
Während der jahrhundertelangen blutigen Verfolgung durch den römischen Staat konnte selbstverständlich keine "Hochzeit des Lammes" stattfinden, d.h. keine öffentliche und feierliche Verbindung mit Christus. Wohl aber konnte dies geschehen, als Kaiser Konstantin der Kirche durch das Toleranz-Edikt von Mailand die Freiheit gegeben hatte (313), und erst recht konnte es geschehen, als nach den Stürmen der Völkerwanderung Kaiser Karl der Große in Rom feierlich zum Oberhaupt des heiligen römischen Reiches deutscher Nation gekrönt wurde.
2.) Während des tausendjährigen Reiches werden jene Zeugen Christi zur Ehre der Altäre erhoben, die das Tier, d. h. den heidnischen römischen Staat, und sein Bild nicht angebetet hatten. Neben der Fesselung des Drachen ist dies das zweite eigentliche Merkmal des tausendjährigen Reiches: "Selig und heilig, wer teilhat an der ersten Auferstehung", Apk. 20, 6.
Der Vers vier des 20. Kapitels der Geheimen Offenbarung ist nur als Vision der feierlichen kirchlichen Heiligsprechungen zu deuten. Es geht an dieser Stelle nicht um das Weltgericht Gottes am Jüngsten Tage. Denn Johannes schaut nicht nur einen einzigen Thron sondern deren viele: "Ich sah Throne, und man setzte sich darauf, und den Thronenden wurde das Gericht übertragen".
Es geht auch nicht um eine Gerichtsverhandlung über irgendeinen Bösewicht: Davon ist hier nicht die Rede. Es geht einzig und allein um die richterliche Entscheidung des kirchlichen Senates, daß die Seelen der wegen Christus Enthaupteten, die Johannes vor den Thronen sieht, für "selig" und "heilig" erklärt werden, und daß festgestellt wird, der zweite Tod, nämlich die ewige Verdammung, komme für sie nicht mehr in Frage. Die auf den Thronen sitzenden Richter, die Johannes schaut, und die Seelen der Enthaupteten sind nicht dieselben, sondern die Richter stellen fest, daß die Blutzeugen Christi mit diesem tausend Jahre herrschen werden.
Johannes sieht, wie geistliche Richter Urteile über die heldenhafte Tugend von Blutzeugen, Bekennern und Jungfrauen fällen und wie diese daraufhin in der Kirche zu leben beginnen: Sie werden zur Ehre der Altäre erhoben, d.h. nicht nur ihre Reliquien werden unter oder über den Altarsteinen verehrt, sondern auch ihre Namen werden bei der hl. Messe in unmittelbarster Nähe der hl. Wandlung genannt. Die Blutzeugen, Bekenner und Jungfrauen werden als Selige und als Heilige bezeichnet und sie werden sowohl von der gesamten Kirche als auch von den einzelnen Gläubigen angerufen, wie wenn sie lebendig anwesend wären. In dieser Weise erklärt die Kirche feierlich, daß die betreffenden Heiligen "mit Christus leben und herrschen", und die Anwesentheit der zahlreichen Heiligenbilder und Statuen in unseren Gotteshäusern ist nur ein Ausdruck dieses uralten Glaubens der Kirche. Diejenigen, die nur noch Betonsilos ohne Heiligenstatue bauen lassen, haben kein Verständnis mehr für das Leben und Herrschen der Heiligen mit Christus.
Der erste eigentliche kirchliche Heiligsprechungsprozess fand nach dem Tode des hl. Bischofs Ulrich von Augsburg im Jahre 973 statt. Aber schon lange zuvor hatte die kirchliche Obrigkeit bestimmt, welche Heilige bei der heiligen Messe zu nennen und so mit Christus als herrschend anzusehen sind.
Alfred Läpple hat in seinem 1966 erschienenen Buch ("Die Apokalypse des Johannes") bei der Erklärung des tausendjährigen Reiches den überaus wichtigen Vers vier des 20. Kapitels ganz ausgelassen. Das ist die einfachste Erklärungsweise der heutigen wissenschaftlichen Theologie nach dem II. Vatikanischen Konzil.
Prof. Alfred Wikenhauser (+) behauptete im Jahre 1949:
"Der Vers 4 ist kaum sicher deutbar. Der Satzteil 'Ich sah Throne, und sie setzten sich darauf...' fußt auf Daniel 7,9 ('Ich schaute, bis Throne aufgestellt wurden und ein Hochbetagter Platz nahm')". Diese Behauptung Wikenhausers ist falsch. Die Worte des Apostels Johannes "fußen" nicht auf dem Propheten Daniel, sondern sie haben nur entfernte Ähnlichkeit damit. Die Worte des Apostels fußen auf dem, was ihm Gott in der Vision gezeigt hat.
Weihbischof Dr. Eduard Schick (1959) sagt im übrigen über diese Stelle, daß der Vers vier des 20. Kapitels mit Daniel 7,9 "inhaltlich nichts gemein hat". Ferner gibt er zu, "daß die Gruppe, die der Seher (nämlich Johannes) dann schaut und eindeutig beschreibt, diejenigen darstellt, denen das Urteil gesprochen werden soll. Es sind die Martyrerseelen... Die Belohnung, die ihnen zuteil wird, besteht darin, daß sie zum Leben kommen und Anteil erhalten an der Königsherrschaft Christi". -- Bei solchen Worten möchte man meinen, Weihbischof Dr. Schick würde sich offen dazu bekennen, daß hier nichts anderes als die Heiligsprechung der Martyrer, Bekenner und Jungfrauen gemeint ist, die von der römisch-katholischen Kirche feierlich als Lebende geehrt werden. Trotzdem tut Weihbischof Schick so, als könnte er keine sichere Auskunft darüber geben, was mit den Worten bei 20,4 gemeint ist "sie wurden lebendig". Er fügt hinzu: "Nirgends ist die Erde als der Ort genannt, an dem sie sich dieser innigen Christusgemeinschaft erfreuen; den ganzen Umständen der Vision entsprechend muß an den Himmel gedacht werden".
Hier irrt sich Weihbischof Dr. Schick.
Denn der Apostel Johannes schaut unmittelbar zuvor, wie das Tier und die Könige der Erde mit ihren Armeen zum Kampf versammelt waren "gegen den, der auf dem Pferde saß". Johannes schaut also Christus den Herrn auf Erden zu Pferde reitend, und zwar unmittelbar bevor das tausendjährige Reich beginnt, und genau so werden auch während des tausendjährigen Reiches die Throne dort aufgestellt, wo der Drache und das Tier zuvor ihre Macht ausgeübt hatten, nämlich in Rom.
Christus kämpft und herrscht auf Erden ("Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat"!) und so finden auch die Heiligsprechungen des tausendjährigen Reiches auf Erden statt. Sie werden freilich im Himmel sanktioniert gemäß dem Worte Christi an Petrus: "Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben..."
Die katholische Kirche hat doch noch niemals eine andere Auffassung gehabt, als daß die Heiligen leben! "Gott ist kein Gott der Toten sondern der Lebendigen", sagt der Heiland (Matth. 22,32). Wenn dies von den alten Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob gilt, dann erst recht von den Blutzeugen Christi.
Prof. Peter Ketter (Herders Bibelkommentar 1953) meinte, daß die in Apk. 20,4 auf Thronen Sitzenden solche "Jesusjünger" seien, "die zur Seligkeit gelangt sind". Ihnen werde das Gericht darüber übertragen, das heißt die Entscheidung darüber, wer der ersten Auferstehung würdig sei und wer nicht.
Das ist eine Auffassung, die der Wirklichkeit der streitenden und triumphierenden Kirche widerspricht. Denn die Entscheidung darüber, wer der ersten Auferstehung würdig ist, d.h. wem der zweite Tod - die Hölle - nichts mehr anhaben kann, wird nicht von solchen getroffen, die bereits zur Seligkeit gelangt sind, sondern sie wird von solchen gefällt, die noch hier auf Erden sind, und zwar von solchen, die im Senat der Kirche sind.
Die Fesselung des Drachen kann nur darin bestehen, daß dieser dem "Tier" und anderen ähnlichen Wesen keine Macht mehr übertragen kann, wie er es vorher getan hatte (Apk. 13,2). Alle jene Völker des römischen Reches, deren Vorfahren einst gemäß der Apokalypse den Drachen angebetet hatten - dieser hatte ja sogar von Christus selbst verlangt, ihn anzubeten -, widersagten ihm jetzt bei der Taufe in feierlichen Worten und beteten Christus an. Solchen Völkern kann der Drache keine Macht mehr übertragen.
Nach Erlangung ihrer Freiheit sprach die Kirche künftig bei jeder heiligen Taufe, außer der Nottaufe, den Exorzismus gegen den Satan. Erst das sonderbare II. Vatikanische Konzil kam auf die Idee, diesen Exorzismus bei der hl. Taufe abzuschaffen. Das, was die deutschen Bischöfe in den neuen Taufzeremonien "Exorzismus" nennen, ist nur noch Schein und Täuschung. Es ist kein Exorzismus mehr. Unsere Bischöfe haben die Taufzeremonien gefälscht.
Ein Exorzismus ist eine Beschwörung des bösen Feindes im Namen Gottes und im Namen der Kirche, ein Befehl an ihn, von einem bestimmten Ort oder von einem bestimmten Menschen zu weichen. Ein bloßes Gebet zu Gott Vater einen "Exorzismus" zu nennen, wie es die deutschen Bischöfe in den neuen Taufzeremonien tun, ist nicht nur Täuschung und Widersinn, sondern eine Beleidigung Gottes. Hier sieht man die Verdrehtheit und Verkehrtheit des II. Vatikanischen Konzils auffallend deutlich.
Papst Paul VI. ist in dieser Hinsicht ohne jeden Zweifel mitverantwortlich.
Wenn man schon den Exorzismus der Sache nach ganz abschafft, dann sollte man auch das Wort nicht mehr gebrauchen. Aber die deutschen Bischöfe schwanken noch unentschlossen hin und her, ob sie sich ganz auf die Seite des Tübinger Teufelsspezialisten Herbert Haag stellen sollen oder nicht. Auf jeden Fall geben unsere deutschen Bischöfe ein Beispiel von Glaubensschwäche. Sie geben aber nicht nur ein Beispiel der Schwäche in der wichtigsten Tugend, sondern sie heben die Fesselung Satans dadurch auf, daß sie den Exorzismus vor der entscheidensten Sakramentenspendung beseitigen.
Unter Duldung, wenn nicht mit Gutheißung Papst Paul VI. zeigen die deutschen Bischöfe, daß sie den Satan und seine Macht nicht mehr ernst nehmen. Darüber ließe sich noch vieles sagen.
Die Fesselung des Drachen bestand darin, daß ihm die freigewordene katholische Kirche ununterbrochen im Namen Christi entgegentrat. Es verging keine Stunde und kein Augenblick, in dem der Drache nicht im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit und im Namen der Kirche beschworen wurde, von den Menschen zu weichen, und all das wurde jetzt durch das II. Vatikanische Konzil aufgehoben.
Die Bischöfe verlangen unter der Nr. 15 des neuen Kindertaufritus: "der Taufspender soll sich ohne Auslassung an die hier bechriebene Ordnung halten".
Das ist ein ohnmächtiger und kraftloser Wunsch unserer Oberhirten. Denn die Bischöfe haben sich selber der Auslassung eines wichtigen Teiles der Taufe schuldig gemacht, der bisher über tausend Jahre lang heilig gehalten worden war, nämlich des Exorzismus.
Die deutschen Bischöfe sagen die Unwahrheit und täuschen das Volk, indem sie behaupten, die Schlußoration des sogenannten Wortgottesdienstes bei der neuen Taufe habe "den Charakter eines Exorzismus" (Nr. 17, S. 27). Das betreffende Gebet lautet:
"Allmächtiger ewiger Gott, du hast deinen Sohn in die Welt gesandt, damit er uns von der Macht Satans befreie, der Finsternis entreiße und in das wunderbare Reich deines Lichtes vesetze. Wir bitten dich inständig, löse diese Kinder aus der Verstrickung der Erbschuld und laß den Heiligen Geist in ihnen wohnen: Durch Christus, unseren Herrn. Amen."
Ein solches Gebet zu Gott Vater kann man nicht einen Exorzismus nennen.
Die deutschen Bischöfe spielen unter Döpfners Führung die schwächste Rolle seit tausend Jahren. Noch niemals haben sie sich derart geschlossen dem Irrtum verschrieben. Die Bischöfe beanspruchten gegenüber dem Papst "kollegiale" Macht, und in Wirklichkeit sind sie fast wie wertlose Nullen im geistigen Kampf der Gegenwart geworden. Sie sind unfähig, das tausendjährige Reich und die "Hochzeit des Lammes" zu verteidigen.

Kaplan W.W.E. Dettmann, Buxheim, 1. September 1970
Veröffentlicht im "DAS ZEICHEN MARIENS", 4. Jahrgang, Nr. 6, Oktober 1970, Seiten 1031-1032.

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